Stadtgärtnerei-Stuhl wird zum Kultobjekt

stuhl

Die Schweiz, ein Schlaraffenland, in dem Honig und Wein in den Bächen fliesst und die Tiere vorgegart und mundfertig durch die Luft fliegen – und Designerstühle in Parks stehen. Während die gängigen Schlaraffenland-Fantasien nicht zutreffen, scheint letzteres zu stimmen, wie ein Blick in den aktuellen Katalog des deutschen Versandhändlers «Manufactum» zeigt. Für 345 Euro wird dort der 2011 eingeführte Park-Stuhl angepriesen, als «Stuhl, der auch als kleiner Tisch mit Hocker verwandbar» und «auf dem heimischen Balkon als platzsparendes Universalmö- bel einsetzbar» ist. Dass dieses «Design-Möbel» in den Basler Parks dutzendfach und ungesichert herumsteht, wird nicht erwähnt, es wird jedoch angegeben, dass der Stuhl zum 150-jährigen Jubiläum der Stadtgärtnerei entworfen worden war. Auch weitere Online-Shops verkaufen den Stuhl ebenfalls, und die Einrichtungszeitschrift «Schöner Wohnen» hat bereits über das Basler Sitzobjekt berichtet.

«Dass der Stuhl nun auch in Design-Handlungen angeboten wird, war nie unser Ziel – wir wollten einfach einen neuen Park-Stuhl, der den Menschen gefällt.»
Christiane Dannenberger Stadtgärtnerei

So wird der Stadtgärtnerei-Stuhl im Designer-Katalog präsentiert.
So wird der Stadtgärtnerei-Stuhl im Designer-Katalog präsentiert.

Als Grundlage des Tisch-Stuhls diente ein Prototyp des Basler Designateliers Alinea, der auf die Bedürfnisse der Stadtgärtnerei angepasst wurde, wie die stellvertretende Amtsleiterin Christiane Dannenberger sagt. «Wir haben den Stuhl dann in unseren Büros getestet, ihn als Schreibunterlage und ‹Mittagstisch› verwendet und als praktisch befunden.» Dass er nun auch in Designer-Shops angeboten werde, sei nie Absicht der Stadtgärtnerei gewesen. «Wir wollten einfach einen neuen ParkStuhl, mit dem die Basler Bevölkerung zufrieden ist», sagt Dannenberger. «Und das ist uns offenbar gelungen.» Kreiert wurde der Stuhl vom Basler Designatelier Alinea. «Die Stadtgärtnerei ist auf uns zugekommen mit dem Wunsch eines funktionalen, wetterfesten Stuhls, der zudem stapelbar ist», erinnert sich Alinea-Gründerin Henriette Abt. Ihr Mann, Werner Abt, habe den Stuhl entworfen. «Es ist ein Objekt, das auf die Kreativität der Nutzer setzt – ich habe beispielsweise einmal im Schützenmattpark ein Mädchen beobachtet, das ganz in Gedanken versunken ein Mosaik aus Löwenzahn-Blüten durch die kleinen Löcher auf der Tischplatte gesteckt hat.»

Dass der Stuhl nun nicht nur in den Basler Parks, sondern wohl auch in Designer-Lofts von Hamburg bis London steht, freut die Erfinder – die die Rechte besitzen und das Stück einerseits der Stadtgärtnerei, andererseits auch internationalen Kunden verkaufen. «Wir haben den Stuhl an eine Möbelmesse in Köln mitgenommen und dort das Interesse von mehreren Händlern geweckt, die ihn seither unter dem Namen «Basilea Chair» im Angebot haben.» 18 Kilogramm bringt der in der Schweiz hergestellte Stuhl aus feuerverzinktem Stahl auf die Waage– nicht ohne Grund, denn das hohe Gewicht ist der einzige Diebstahlschutz. Und dieser scheint zu wirken, wie Stadtgärtnerin Dannenberger sagt: «Wir haben jeweils zwischen 40 und 70 Stühle im Einsatz und relativ wenige werden gestohlen, weil sie doch sehr schwer und sperrig sind.»

Autor: Samuel Hufschmid

Jounalist bei bz Basel, Papi, Organisator Swiss Kubb Open, mit Interesse an Datenjournalismus.

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